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Seit Jahren sind der Galpon - das Empfangshaus, das ist für Sie verständlicher - und der Wächter 1 Tag und Nacht besetzt. Alle Beobachtungen - Annäherungen von Menschen, Fahrzeugen, Reitern und Geräusche -, die im Umkreis von Kilometern gemacht werden, müssen Herrn Schäfer unverzüglich in jeder Position gemeldet werden über Funk, Telefon, Tonband.

Die Begründung Herrn Schäfers für dieses System ist, das Eindringen von Kommunisten zu verhindern, wobei unverständlich bleibt, daß auch noch im Fundo, wo schon niemand mehr hereinkommt, signalisierende Lichtschranken, Mikrophone und Stolperdrähte sind.

1970 ging Herr Hartmut Hopp - das war im ersten Jahr nach meiner Ankunft dort innerhalb des Fundos spazieren in Richtung Fasanengarten, der etwas abseits liegt. Herr Schäfer kam zu mir ins Neukra. Der Mercedes hielt; er sprang heraus, hat mit dem Fernglas vom Fenster aus Herrn Hopp beobachtet und über Funk zwei seiner Wächter mit einem Schäferhund nachgeschickt, die ihn dann, ohne gesehen zu werden, beobachten sollten - zeitweise in Bauchlage -, die die Sache ganz ernst nahmen und machten. Das war meine erste Begegnung mit diesem System. Ich wußte damals aber noch nicht, daß Herr Hopp schon geflüchtet und von Argentinien zurückgekehrt war und deswegen immer unter Bewachung war.

1970 war es auch, als Ulrike Mysliwitz - ich schätze, damals etwa 20 Jahre alt - in voller Schweinestallarbeitsausrüstung mit Gummistiefeln in der Winterzeit durch den Fluß nach Travoncura geschwommen ist und dann von dort weiter nach Parral zu Dr. Mujica, einem chilenischen Arzt, der sie dann in seinem Mercedes-Pkw zum Fundo nach Dignidad zurückbrachte. Sie wurde dann im Neukra abgeliefert, in dem ich in der Zeit allein Dienst tat. Weil sie durch die Kälte gegangen war - man befürchtete, sie würde krank werden -, bekam sie dann ein warmes Bad verordnet. Ich mußte ihr dann einen heißen Tee kochen. Ich sah, daß sie voll blauer Striemen auf dem Rücken, an den Oberschenkeln und auf dem Gesäß war. Sie weinte bitterlich, innerlich und äußerlich